Niedrigschwellige Hilfe – was ist das überhaupt?
Ich kam während meines Studiums der sozialen Arbeit zum ersten Mal in Kontakt mit sogenannten niedrigschwelligen Angeboten beziehungsweise Einrichtungen, aber war damals noch ratlos, was genau damit gemeint sein könnte.
Heute weiß ich: Niedrigschwellige Einrichtungen sind Hilfsangebote, die auf Freiwilligkeit basieren und den Menschen ohne Zwang Hilfe anbieten. Dadurch ist es für viele Betroffene einfacher, diese Hilfe auch anzunehmen.
Zugang zu Hilfe schaffen
Während meines Studiums habe ich einige Jahre in einer niedrigschwelligen Einrichtung für Menschen mit psychischen Erkrankungen gearbeitet. Letztendlich war die Einrichtung ein Café mit pädagogischen Angeboten und für alle geöffnet. Toll für die Betroffenen und die Nutzer des Cafés war, dass es sehr verkehrsgünstig lag. Es stand direkt auf dem Gelände einer Klinik und war mit dem Bus aus der Innenstadt schnell erreichbar – ein großes Plus für niedrigschwellige Angebote.
Wichtig dabei ist, dass die Einrichtung den Besuchern Raum gibt. Das heißt, alle Menschen und ihre Probleme werden dort akzeptiert und die Leute können auch einfach mal Luft holen und für kurze Zeit abschalten. Akzeptanz ist in diesem Fall das A und O. Es gab Tage an denen haben wir nur zusammen gesessen, Kaffee getrunken, Phase 10 gespielt und eine Zigarette nach der anderen geraucht. Immer mal wieder wurde geredet und gelacht, oder auch geschwiegen. Der Druck, etwas erzählen zu müssen, war nicht da, wodurch wir uns unbeschwert miteinander unterhalten konnten. Über alles, was einem im Leben schon gezeichnet hat, oder auch nur über das Wetter und die wieder einmal ungerecht verteilten Karten, die man auf der Hand hielt.
Angebote und Aktionen
Jeden Monat fand eine größere Aktion statt, wie beispielsweise das sehr beliebte Kickerturnier, oder auch das „Doko-Turnier“ (Doppelkopfturnier). Jeden Dienstag und Donnerstag legte ein Besucher der Einrichtung als DJ auf und versuchte die Liedwünsche aller Besucher zu erfüllen. Ein großes Highlight war das jährlich stattfindende Sommerfest. Jeder, der wollte konnte sich einbringen und mithelfen, um ein schönes Fest auf die Beine zu stellen. So wurden verschiedene Salate gemacht, jemand stand am Grill und briet die Würstchen, ein Teil baute die Tische und Stühle mit auf, oder unterhielt alle mit musikalischen Beiträgen.
Die freiwillige Selbstbeteiligung steht also stets im Fokus. Nach meiner Erfahrung führte dies dazu, dass sich jeder mit einbrachte und Hilfe anbot. Dies führte zu positiven Rückmeldungen für unsere Besucher der Einrichtung, da ihre Wünsche respektiert und gerne angenommen wurden. Die kleinen alltäglichen Ziele der Besucher wurden gesammelt und zusammen erarbeitet, wie diese umgesetzt werden können. Auch Ideen der Nutzer des Raumes hatten damit ihren Einfluss dabei, was die Gestaltung des Programms und der Einrichtung angeht.
Ein Beispiel sind regelmäßig stattfindende Back- und Kochaktionen. Die Besucher konnten Vorschläge machen, was sie gerne zubereiten würden. Oftmals hatten sie bereits ein Rezept dabei und in der vorhandenen Küche wurden diese Rezepte dann in der Gruppe gekocht und gebacken.
Alltagsstruktur schaffen
Niederschwellige Einrichtungen bieten oftmals eine Alltagsstruktur für Menschen, denen es sonst schwerer fällt, regelmäßige Termine zu organisieren und wahrzunehmen. Häufig hatten unsere Besucher Schwierigkeiten damit früh aufzustehen und morgens schon aktiv zu sein. In diesem Fall wurden die Öffnungszeiten dieser niedrigschwelligen Einrichtungen in den späten Nachmittag und frühen Abend gelegt, damit es für jeden Menschen möglich war, diese zu besuchen. Außerdem wäre es einigen Besuchern nicht möglich gewesen, vormittags in die Einrichtung zu kommen, da sie arbeiteten oder andere Verpflichtungen hatten. Jeder Besucher hatte somit die Chance sich den Alltag zu strukturieren. Viele Besucher waren „Stammgäste“, die bei Aktionen, besonderen Programmpunkten und auch alltäglichen Angeboten immer dabei waren.
Meine Erkenntnis
Es ist sehr wichtig, dass es gut zugängliche Orte gibt, an denen sich Menschen wohlfühlen können. Vor allem aber sollte in solchen Einrichtung vermittelt werden, dass ihre Meinung wichtig ist und angenommen, sowie umgesetzt wird.
Dies kann zu positiven Rückmeldungen und Selbstreflektionen führen, die durch erreichte Ziele bekräftigt werden. Die niedrigschwelligen Einrichtungen bieten die Möglichkeit mit Menschen ohne Druck und Zwang ins Gespräch zu kommen, was oftmals zu einem einfacheren Miteinander und schneller aufbauendem Vertrauen führt.