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Phil-osophie am Freitag

Heute ist Freitag. Das ist grundsätzlich schonmal eine feine Sache!

Beim Überfliegen der Zitate, die letzte Woche den Weg in meine Sammlung gefunden haben, brachte mich eines ganz besonders zum schmunzeln. Agatha Christie sagte einmal: „Eine Frau, die mit einem Archäologen verheiratet ist, darf sich glücklich schätzen. Je älter sie wird, desto interessanter wird sie für Ihren Mann.“
Nun ist es aber tatsächlich so – und ich bezweifle, dass Archäologenehen da eine Ausnahme bilden – dass bis zu jede 2. Heirat in Deutschland zu einer Scheidung führt. Und zwar meistens im 3. Ehejahr. Nicht viel Zeit also, um interessant zu altern. Faszinierenderweise ist es häufig so, dass die Partner, die erwählt werden, einem bestimmten Schema entsprechen. (Die Trennungen übrigens meistens auch!)

Das geht dann so: Sie haben sich unsterblichst in eine bestimmte Person reinverliebt. Alles ist ganz fantastisch. Dann nicht mehr. Und dann ist Schluss. Zwischendurch noch ein bisschen Drama und Gezeter, aber im Großen und Ganzen wäre das der typische Ablauf. Vielleicht ist es an der Zeit, einmal auszusprechen, was schon manch einer vermutet: Der Begriff „Beuteschema“ in Bezug auf Partner ist nichts anderes als eine Umschreibung für „klappt nicht“. Das glauben Sie nicht? Nun gut. Egal, ob sich Ihr persönliches „Beuteschema“ auf Äußerlichkeiten, Charaktereigenschaften oder Berufe bezieht. Sie liegen damit komplett falsch. Der einzige Grund, warum Sie ein „Beuteschema“ haben ist, dass es nicht funktioniert. Funktionierte es, wäre es kein Beuteschema. Dann wären Sie eine der wenigen Personen, von denen man behaupten könnte, dass Sie das Glück hatten, sozusagen im ersten Anlauf den Volltreffer zu landen. Erst durch die Wiederholung – also das neue Suchen – entsteht ja aus der Beobachtung der Routine die Bezeichnung Schema.

Ein „Beuteschema“ haben Sie nur, weil Sie immer auf dieselben trügerischen Reize hereinfallen und sich dann wundern, dass es nicht klappt. Ein guter Tipp wäre, einfach mal konträr zu diesem alten Prinzip „auf die Jagd“ zu gehen. Denn Partnerschaften sind im Grunde ähnlich aufgebaut wie klassische Puzzlespiele. Sie zeigen an Ihrer Oberfläche eine Möglichkeit zur „Vervollständigung“, der Partner zeigt ein passendes Gegenstück und Zack! – die Beziehung startet.

Sollten Sie nun im Rahmen der Selbstbeobachtung (ich könnte da ein passendes Buch empfehlen…) feststellen, dass das von Ihnen Präsentierte eine mühsam gebastelte Form ist, die lediglich dem entspricht, wie sie sich gerne sehen wollen, so könnte es sein, dass Sie feststellen, dass der Partner den Sie haben, vielleicht zu jemandem passt, der Ihr Vorbild ist, aber nicht zu Ihnen. Überspitzt gesprochen ist das so, als wenn Sie ein – im wahrsten Sinne des Wortes – “eingefleischter“ Allesfresser sind, der erst bei einer gehörigen Portion totem Tier auf offenem Feuer Glück verspürt – und einen Veganer schicken, Ihren Einkauf fürs Wochenende zu erledigen. Wäre das klug? Wäre das lecker? Würde das Ihre „Gelüste“ befriedigen? Nun kann man sagen, „wir schaffen das schon“, und weiter Kompromisse schließen.

Vanessa Redgrave, die britische Schauspielerin fasste das so zusammen: “Manche Ehe gilt nur deshalb als gut, weil beide Partner ungewöhnlich begabte Schauspieler sind.“ Die gute Nachricht ist: Sie sind damit nicht allein. Und Sie können es rasch ändern! Der erste Trick: Schließen Sie nicht kategorisch potentielle Partner aus, nur weil sie nicht Ihrem Beuteschema entsprechen. Dann wirds über kurz oder lang klappen. Warum ich da so sicher bin? Vor 10 Jahren rannte mich versehentlich eine junge Dame im Biergarten um. Wir kamen nur durch diesen Zufall ins Gespräch – denn wir entsprachen beide nicht unserem klassischen Beuteschema. Aus einer Entschuldigung wurde eine kurze Unterhaltung, dann eine lange. Dann eine Hochzeit. Wir sind nun 8 Jahre verheiratet. Es ist immer noch toll! Viel Erfolg bei der Jagd!

Ein sauschönes Wochenende wünscht Dr. Phil

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Unser Kolumnist Dr. Phil ist auch bekannt als Autor Philipp S. Holstein und hat das Buch “Glücklich werden ohne Ratgeber. Ein Ratgeber” geschrieben.

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